"Da erblickt er das Haus einer verschmitzten Kupplerin, einer alten Näherin, Auberee mit Namen, die ihn kennt und die sein verstörtes Aussehen sogleich bemerkt. Auf ihr Befragen erzählt der Jüngling den Grund seines Kummers und verspricht ihr 40 GM für den Fall, dass sie ihn aus seiner Verzweiflung reissen würde. Die Alte macht ihm die besten Hoffnungen. Nachdem sie das Geld empfangen, verlangt sie von ihm zur Ausführung ihres in der Eile entworfenen Planes, von dem der Jüngling aber nichts weiss, seinen Sorcot den sie eng zusammengelegt unter die Arme nimmt, worauf sie sich damit in die Wohnung der Neuvermählten begiebt, deren Mann, wie sie von früher her weiss, da es gerade Markttag ist, sich nicht zu Hause befindet..." AUBEREE, ALTFRANZÖSISCHES FABLEL, MIT EINLEITUNG UND ANMERKUNGEN, HERAUSGEGEBEN VON GEORG EBELING, HALLE A. S., MAX NIEMEYER, 1895. (Ok, im Original ist das Währungszeichen für ich glaube Livre oder so, das habe ich zu GM gewandelt :) )
Mantel der Auberee
Dieser halblange, elegante Mantel kann, einmal angelegt, nicht wieder abgelegt werden, bis entweder ein Fluch brechen auf ihn gewirkt wird oder der Träger Nadel und Faden entdeckt, die in einer kleinen Tasche versteckt sind (nur bei sehr genauer Suche). Spricht der Träger eine Wahrheit aus, so glaubt ihm das Gegenüber nicht, lügt er allerdings, so werden selbst die offensichtlichsten Unwahrheiten für bare Münze genommen. Dies wirkt nur einmal auf ein Individuum, d.h. sobald der Fluch gebrochen ist, wirkt der Mantel bei diesem Träger nicht mehr.
Wer die Fablel in der Zusammenfassung oben liest (Das ist tatsächlich kein Schreibfehler), erkennt, das der Mantel nicht wirklich magische Eigenschaften hat, aber die Fähigkeit zum Lügen und (selbst-)Betrügen in den Menschen selbst liegt… 😉
Bin ich drüber gestolpert und fand ich gut, wenn auch etwas… mit Drohung der gesellschaftlichen Ächtung sexuelle Gefälligkeiten erzwingen, ist nicht nett, kommunikationslos die Ehefrau des Hauses zu verweisen, auch nicht selbst wenn „Unbeschreibliche Eifersucht, die schlimmer ist, als Zahnschmerzen“ einen im Griff hat… Aber, Hey, Ende Gut, Alles Gut, bis auf die geistige Gesundheit der Frau, wen interessiert das denn schon? Die Jungs hatten ihren Spaß… o_Ô
Andererseits, vielleicht war es gesellschaftlich dümüls völlig akzeptabel, so zu einanderzukommen und es dann noch zu genießen? Klingt etwas schräg, aber wenn man mit der Vorstellung aufwächst, wenn es klappt, dann kann das ja nicht falsch gewesen sein oder so? Stockholmsyndrom als Ideal? Wir sprechen hier immerhin vom Mittelalter, nicht von Neulich. Auch wenn ich ähnliche Mechaniken bei Teeniedramen heutzutage nicht ausschließen würde. Was keine Entschuldigung ist, wohlgemerkt.
Bis denn dann
Euer Rorschachhamster